Im vorliegenden Fall hatte der VwGH über den fehlerhaften Lohnsteuerabzug bei nichtselbständig Erwerbstätigen im Veranlagungsweg zu entscheiden.
Der ehemalige Geschäftsführer einer GmbH bezog von 1999 bis 2007 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Für die Jahre 2003 bis 2005 reichte er seine Einkommensteuererklärungen ein. Nach einer Prüfung im Jahr 2013 wurden die Steuerverfahren erneut aufgenommen, da das Finanzamt feststellte, dass der ehemalige Geschäftsführer die Ausstellung von Scheinrechnungen an die GmbH veranlasst hatte und deren Bezahlung letztlich an ihn rückgeflossen sind. Diese wurden nicht als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit erklärt.
Er legte Berufung ein, bestritt die Zahlungen und argumentierte zudem, dass allfällige steuerlichen Konsequenzen im Rahmen einer Lohnsteuerprüfung gegen die GmbH geltend gemacht werden sollen. Das BFG entschied zugunsten des ehemaligen Geschäftsführers, da die Kenntnis der Umstände zu keinem anderslautenden Bescheid geführt hätte, weswegen eine Wiederaufnahme unzulässig war. Das BFG führt aus, dass die Einkommensteuer nicht durch reguläre Veranlagung, sondern durch einen Haftungsbescheid gegen den Arbeitgeber hätte eingefordert werden müssen, da kein Pflichtveranlagungstatbestand vorlag. Das Finanzamt legte daraufhin eine außerordentliche Amtsrevision ein.
Der VwGH verweist auf § 303 Abs 1 lit b BAO der besagt, dass ein Verfahren wieder aufgenommen werden kann, wenn im abgeschlossenen Verfahren neue Tatsachen oder Beweismittel auftauchen und die Kenntnis dieser Umstände zu einem anderen Bescheid geführt hätte. Bei lohnsteuerpflichtigen Einkünften erfolgt gemäß § 39 Abs 1 EStG eine Veranlagung nur unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 41 EStG. Wenn die Einkünfte lohnsteuerpflichtig sind, muss die Person gemäß § 41 Abs 1 EStG nur in bestimmten Fällen veranlagt werden. Sofern die Bedingungen des Absatzes 1 nicht erfüllt sind, erfolgt gemäß Absatz 2 eine Veranlagung nur auf Antrag der Person.
Der VwGH hat bereits mehrfach entschieden, dass ein fehlerhafter Lohnsteuerabzug grundsätzlich im Rahmen einer Veranlagung korrigiert werden kann. Wenn der Lohnsteuerabzug zu Unrecht nicht erfolgt ist, gibt es eine “Nachholwirkung” im Veranlagungsverfahren, unabhängig davon, ob der Arbeitgeber haftbar gemacht wurde. Es ist auch ökonomisch, einen fehlerhaften Lohnsteuerabzug nicht dem Arbeitgeber gegenüber geltend zu machen, sondern direkt im Veranlagungsweg des Arbeitnehmers. Im vorliegenden Fall wurden für die Jahre 2003 und 2004 zweifellos Einkommensteuererklärungen eingereicht, nachdem eine Veranlagung gemäß § 41 Absatz 2 EStG beantragt wurde. Im Jahr 2005 lag ein Pflichtveranlagungstatbestand gemäß § 41 Abs 1 EStG vor. Daher ist die Erfassung der Zahlungsrückflüsse im Rahmen der Veranlagung für diese Jahre ohnehin zulässig. Schon aus diesem Grund war die Entscheidung des BFGs aufgrund inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Der Fall bestätigt, dass es möglich ist, den Lohnsteuerabzug eines Arbeitnehmers auch direkt im Rahmen der Steuerveranlagung zu korrigieren. Alternativ dazu hätte der Arbeitgeber, die GmbH, einen Haftungsbescheid erhalten können. Eine direkte Inanspruchnahme des Arbeitnehmers gemäß § 83 Abs 2 EStG steht der Inanspruchnahme des Arbeitgebers gemäß § 82 EStG nicht entgegen. Obwohl die Entscheidung, dies geltend zu machen, im Ermessen der Behörde liegt, ist es üblicherweise aus Gründen der Effizienz vorzuziehen, die Korrektur im Rahmen der Veranlagung vorzunehmen. Somit hat die Behörde in diesem Fall die rechtmäßigen Schritte gesetzt.
Warum das BFG die Rechtsprechung des höchsten Gerichts in diesem Bereich oder den Umstand, dass in einigen Jahren ohnehin bereits eine Veranlagung erfolgte, ignoriert hat, bleibt unklar. Die Entscheidung des BFG wurde nicht veröffentlicht .