EuGH zur Durchführung von Garantieleistungen durch den Geschädigten

Mit diesem Urteil bestätigt der EuGH, dass Reparaturleistungen, die der Erwerber von defekten Waren zur Behebung dieser Defekte ausführt und an den Lieferanten weiterverrechnet, steuerpflichtige Dienstleistungen sind.

Im Urteil geht es um Suzlon Wind Energy Indien, welche an Suzlon Wind Energy Portugal Windräder veräußerte, wobei das indische Unternehmen eine Garantie über die Windräder über zwei Jahre übernahm. Dabei verpflichtete sich Suzlon Wind Energy Indien, dass defekte Teile, Reparaturen und Transport der defekten Teile von ihr getragen werden. Nachdem teils schadhafte Windräder geliefert wurden, schlossen die zwei Unternehmen einen Dienstleistungsvertrag für die Reparatur der Windräder ab. Die Aufwendungen für die Reparaturen wurden zunächst von der Suzlon Wind Energy Portugal getragen, die auch die Vorsteuer aus den Rechnungen geltend machte. Daraufhin wurden die Kosten der Reparatur an Suzlon Wind Energy Indien ohne Aufschlag und ohne Ausweis der Umsatzsteuer weiterverrechnet, obwohl der Liefer- bzw. Leistungsort in Portugal gelegen wäre. Die portugiesische Steuerbehörde schrieb Umsatzsteuer auf die Leistungen des portugiesischen Unternehmens an die Suzlon Wind Energy Indien vor.

Der EuGH hatte zu entscheiden, ob die während des Garantiezeitraums durchgeführten Reparaturen ausschließlich dann als nicht steuerpflichtige Umsätze angesehen werden, wenn sie unentgeltlich bewirkt werden und soweit sie stillschweigend im Kaufpreis des von der Garantie umfassten Produkts enthalten waren oder ob die Leistungen eine steuerpflichtige, entgeltliche Dienstleistung seien.

In Bezug auf die Erbringung einer Dienstleistung verweist der EuGH auf Art 2 Abs 1 lit c MwStSyst-RL. Dieser normiert fünf Kriterien, die für die Erbringung einer Dienstleistung erfüllt sein müssen:

  • Der in Rede stehende Umsatz muss eine Dienstleistung sein,
  • die gegen Entgelt
  • im Gebiet eines Mitgliedstaats
  • von einem Steuerpflichtigen,
  • der als solcher handelt, erbracht wird.

 

Im vorliegenden Fall war insbesondere fraglich, ob das Entgeltlichkeitskriterium erfüllt wurde. Dazu führt der EuGH aus, dass es für die Einordnung als entgeltlicher Umsatz nicht relevant ist, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit zu einem Preis unter oder über dem Selbstkostenpreis ausgeführt wird. Demnach liegt auch im Falle der Erbringung von Leistungen „at-cost“ ein Entgelt vor. Dieses Kriterium war hier auf Grund der Verrechnung der Kosten seitens der Suzlon Wind Energy Portugal auf Basis einer vertraglichen Vereinbarung gegeben, auch wenn von vornherein unbestritten (auf Grund der Garantie) die indische Gesellschaft die Kosten zu tragen hatte.

Somit bestätigt der EuGH im Ergebnis, dass eine umsatzsteuerpflichtige Dienstleistung der Suzlon Wind Energy Portugal an die Suzlon Wind Energy Indien zur Erfüllung der Garantie der Suzlon Wind Energy Indien vorliegt.

Praxisfolgen

In diesem Urteil betont der EuGH, dass auch Garantieleistungen umsatzsteuerpflichtig sind, welche der Empfänger einer Lieferung für den Lieferanten erbringt, der grundsätzlich zur Behebung des Schadens verpflichtet ist. Zu beachten ist dabei, dass davon eine traditionelle Gewährleistungsleistung zur Behebung des Schadens zu unterscheiden ist. Im Falle, dass Suzlon Wind Energy Indien den Schaden selbst behoben hätte, so wäre es abgesehen von der ursprünglichen Lieferung der Windräder nicht zu einem „zusätzlichen“ Leistungsaustausch gekommen. Da jedoch Suzlon Wind Energy Portugal mit der Reparatur beauftragt wurde, entstand in diesem Fall ein zusätzlicher Leistungsaustausch.

 

Gerade bei Schadensfällen sind vielfältige Ausgestaltungen zur Behebung der Schäden denkbar. So kann der Schädiger den Schaden selbst beheben, der Geschädigte kann diesen beheben und uU an den Schädiger verrechnen oder es können auch Dritte mit der Behebung des Schadens beauftragt werden. Manche dieser Konstellationen können umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich sein, manche führen zu einem umsatzsteuerbaren und umsatzsteuerpflichtigen Leistungsaustausch. Derartige Fälle sollten daher genau auf ihre umsatzsteuerrechtlichen Konsequenzen geprüft werden.